Neue Arbeitswelten - so sehen die Büros der Zukunft aus!

Neue Arbeitswelten so sehen die Büros der Zukunft aus!

16. April 2021 |
Office

Pierre Mischler ist unser Fachexperte für Architektur, New Work und Arbeitsplatzkonzeption. Im Gespräch beantwortet er Fragen zu den Trends und der Rolle des Büros innerhalb der zukünftigen Arbeitswelten.

Pierre, egal ob zu Hause oder unterwegs, heute lässt sich an vielen Orten arbeiten. Welche Rolle wird das Büro in Zukunft spielen?

Verschiedene Einflüsse haben dem flexiblen Arbeiten an verschiedenen Orten enormen Schub verliehen. Zudem begegnen wir «übergeordneten Trends» und Workplace Trends wie Homeoffice, Flexibilität, Identifikation, um nur ein paar davon zu nennen; gebündelt ergeben diese Trends die neue Richtung.

Bei der Erarbeitung neuer Konzepte starten wir immer mit Vision-Workshops. In diesen Workshops kristallisieren sich die Kernaussagen und das «Warum» für eine Veränderung heraus. Wir sprechen dabei über Tätigkeiten, die den Tagesablauf beeinflussen können und erfragen/hinterfragen die bestehenden Arbeitsformen. Wird im Homeoffice gearbeitet oder gibt es Satellitenbüros? Wie wird die Identifikation mit dem Unternehmen geprägt? Welchen Bereichen wird bisher keine Beachtung geschenkt? Das Zusammenspiel dieser Faktoren sowie die Wünsche der Kunden ergeben das Bild für die mögliche Neuausrichtung.

Ein viel genanntes Konzept ist «Activity Based Working». Was muss der Laie darunter verstehen und wann kommt Activity Based Working zum Zuge?

In der Tat wird viel darüber geredet doch das zugrunde liegende Konzept selten richtig verstanden! Wenn wir von ABW sprechen, geht es immer um nicht territoriale oder nicht zugeordnete Arbeitsplätze in einem Unternehmen. Ein Multispace mit fixen Arbeitstischen gemischt mit open Space ist noch kein ABW-Modell. Beim ABW-Modell handelt es sich um Zonen, die in Räume unterteilt sind und sich durch die 4 C’ s auszeichnen: Concentration, Communication, Collaboration und Contemplation. In diesem Bürokonzept mit aktivitätsbezogenen Arbeitsplätzen wird die Leistungsfähigkeit sowie die Kreativität gefördert. Das Modell zeichnet sich weiter dadurch aus, dass der einzelne Mitarbeiter keinen festen Arbeitsplatz und keine starren Strukturen mehr vorfindet. Er kann flexibel den optimal unterstützenden Arbeitsplatz für seine jeweilige Tätigkeit auswählen. Diesen wird er allenfalls mehrere Male am Tag wechseln, da der Ort für die konzentrierten Einzelarbeiten oder für die teamübergreifende Projektarbeit nicht derselbe ist.

Woran oder an welchen Punkten scheitern New Work Projekte?

Warum sprechen wir nicht vom Gelingen? Die Kernaussagen schälen wir im Voraus mit dem Kunden in einem partizipativen Prozess heraus und bringen diese zu Papier. Die Nutzer werden von Anfang an in diesen Transformationsprozess mit eingebunden und begleitet. Sie sind von Beginn an bei den Entscheidungen dabei.

Viele machen sich Illusionen über ein neues Arbeitsplatzkonzept. Es gibt kein zweites funktionierendes Google. Was Fancy aussieht, erfüllt vielleicht nicht die Vorgaben des Unternehmens und passt im schlechtesten Fall nicht zur bestehenden Unternehmenskultur. Auch lassen wir die Soft Impacts nie ausser Acht. Passen Raum und Kultur zusammen? Wir sind uns bewusst, dass wir mit neuen Farben und Formen noch keine neue Organisationsstruktur aufbauen können und dass ohne Begleitung und ohne Change-Management schwierige Verhaltensstrukturen und Probleme nicht gelöst werden können.

Wie wichtig ist der Entscheid und der Zeitpunkt für die Wahl des richtigen Mobiliars? Oder anders gefragt, welche Anforderungen an die Büros und Räumlichkeiten werden gestellt?

Das Mobiliar ist die unterstützende Komponente und löst bestehende strukturelle Probleme nicht auf. Je nach Arbeitsplatz-Modell, welches erarbeitet wurde, braucht es Rückzugsräume, mobile Raumtrenner, ruhige Arbeitszonen, flexible Arbeits-Stationen oder Begegnungszonen und natürlich Orte, wo konzentriertes Arbeiten möglich ist. Digitale Nomaden bewegen sich gerne frei in den Büros und an Orten, wo sie von spontanen Meetings mit Kollegen profitieren können.

Aus den Workshops kennen wir die Kundenwünsche für das passende Mobiliar. Im Trend liegen wohnliche Büros, Raum in Raum Systeme, mobile Raumtrenner und auf die Tätigkeiten zugeschnittene Möbellösungen. Viele Unternehmen möchten in ihren Räumen ihre Kultur und ihre Werte zum Ausdruck bringen und für die Mitarbeitenden soll eine Arbeitsumgebung geschaffen werden, in welcher das Wohlbefinden und das Engagement gestärkt wird.

Immer wichtiger wird dabei auch der Einsatz von natürlichen Materialien und Pflanzen. Diese sind attraktive Blickfänge, wirken lärmreduzierend und stressminimierend. Ebenso gesundheitsfördernd sind ergonomische, höhenverstellbare Tische sowie mobile, individuell verstellbare Arbeitsplatzlösungen.

Abschliessend möchte ich noch Fragen zum Thema Homeoffice stellen. Glaubst Du, dass das Homeoffice unsere Zukunft ist?

Im Homeoffice, wo wir uns vertraut und wohl fühlen, werden wir in Zukunft eher für vertrauliche Gespräche und konzentriertes Arbeiten nutzen. Das Homeoffice kann von der Funktion her mit dem Einzelbüro verglichen werden.

Wichtig ist, einen gesunden Mix zwischen Homeoffice und stationärem Arbeiten zu finden. Das Homeoffice wird ein Bestandteil bleiben, es wird sich aber in einem sinnvollen Mass einpendeln. Für die Berechnung der künftig notwendigen Arbeitsplätze schälen wir mit dem Kunden mögliche Tätigkeiten heraus, bei denen sich das Arbeiten von zu Hause aus anbietet (konzentrierte Einzelarbeiten, hohe Vertraulichkeit) und jene, welche sich besser für das Arbeiten im Büro eignen (Entwicklung, Teamarbeit, Austausch). Zudem berücksichtigen wir die Homeoffice-Regeln des Unternehmens.

Pierre, ganz zum Schluss möchten wir von Dir noch einen Tipp abholen. Viele Leute haben genug von Homeoffice. Ihnen fehlen die physische Nähe und der aktive Austausch. Wie förderst Du das Teamwork und die Zusammenarbeit?

In unserem Architekturteam zelebrieren wir jeden Morgen den Kaffee und dazu nehmen wir uns 15 Minuten Zeit für den informellen Austausch. Zusätzlich habe ich einen fixen Team-Office-Tag geplant, an welchem wir uns physisch treffen. Ab und zu halten wir auch Outdoor-Meetings ab. Dort sprechen wir über alles, nur nicht über die Arbeit. In unserem Unternehmen stehen auch diverse Chats zur Verfügung für den informellen Austausch untereinander und natürlich steht es jedem Team frei, auch einen eigenen Team-Chat zu führen.

Auch ein paar praktische Tipps möchte ich noch auf den Weg geben: Stellen Sie Ihren Homeoffice-Arbeitsplatz gelegentlich um, holen Sie sich Ihren täglichen Kaffee bei Ihrem Lieblings-Barista, kleiden Sie sich wie fürs Office, rufen Sie Ihre Kollegen lieber mal an statt sich über E-Mail auszutauschen. Versuchen Sie Ihre tägliche Routine, auch wenn es nicht einfach ist, einzuhalten. Ein Spaziergang oder mal wieder Joggen gehen, kann Wunder bewirken.

Interview mit Pierre Mischler, Teamleiter Work Space & Interior Design